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Presseecho vom 28.09.2006

Eigenheim ahoi oder adé?

Von Ralf Krüger

Tourismus. Die Visionen für schwimmende Bauten sind spektakulär. Aber wer ein Haus auf dem Wasser kaufen will, muss sich noch Jahre gedulden.

Haus oder Schiff, das ist hier die Frage. Und zwar nur eine von vielen, die derzeit im Zusammenhang mit dem Thema „Schwimmende Architektur“ im Lausitzer Seenland aufgeworfen werden. Auf viele dieser Fragen gab es beim gleichnamigen Forum der Internationalen Bauausstellung (IBA) in Großräschen eine Antwort.

Nur auf eine nicht: Was kostet der Spaß? „Es wäre unseriös, eine konkrete Summe zu nennen. Die reinen Baukosten sind ja nur ein Teil. Es ist fraglich, wie die Ver- und Entsorgung gestaltet wird, ob ein Grundstück erworben werden muss und vieles mehr“, gibt Wolfgang Fischer vom Institut für Freiraumplanung und Siedlungsentwicklung Dresden zu Bedenken. Gemeinsam mit der Schiffswerft in Dresden-Laubegast und der Arche.tec Deutschland GmbH will Fischer auf dem Geierswalder See eine Plattform mit Restaurant, Biergarten und Ferienhaus aufs Wasser stellen, als Vorzeigeobjekt. „Die technische Planung ist fertig, jetzt müssen vor allem rechtliche Fragen geklärt werden“, so Fischer.

Wo ist mein Grundstück?

Obwohl in diesem Jahr auf dem Partwitzer See in Sachsen und dem Gräbendorfer See in Brandenburg bereits zwei Häuser zu Wasser gelassen und fest verankert wurden, gibt es noch viele offene Punkte. So tüfteln Architekten und Bauherren an der Frage, wie künftig das Abwasser von Schwimmhäusern beseitigt wird. Die Pontons – aus Stahl oder vorzugsweise Beton – müssen gegen das aggressive saure Wasser in einigen Tagebauseen geschützt werden. IBA-Experte Michael Feiler nennt weitere Aspekte: „Was passiert, wenn im Winter Eis gegen die Konstruktion drückt? Wie bekommen wir es hin, dass ein schwimmendes Haus als Wasserbaugrundstück beleihbar wird, so wie in Holland?“

Um die Erfahrungen zu bündeln, wurde im August das Kompetenzzentrum „Schwimmende Architektur“ [...] gegründet. Vertreter der IBA, der FHL und der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft suchen jetzt gemeinsam nach Lösungen, wollen künftig die Behörden stärker einbeziehen, auf gesetzliche Regelungen zum Thema „Schwimmendes Wohnen“ drängen und Pilotprojekte vorantreiben. Wer indes Interesse an eigenen vier Wänden auf einem der Lausitzer Seen hat, muss warten. Dabei ist die Nachfrage groß. Projektleiterin Janine Herzger von der Aqua Terra Lausitz GbR (ATL), die am nordwestlichen Ufer des Partwitzer Sees eine Ferienhaussiedlung plus Hotel und Hafen bauen will: „Wir haben zahlreiche Anfragen insbesondere was Ferien- und Wochenendhäuser betrifft. Aber das braucht noch Zeit. Der Masterplan wurde jetzt bestätigt. Anfang 2007 werden wir den Kunden Genaueres sagen können. 2008 soll mit dem Bau begonnen werden.“

70 Euro fürs Probeschlafen

Janine Herzger weiß wie schwierig es ist, sämtliche wasser-, berg- und baurechtlichen Belange zu klären, die zudem in Sachsen und Brandenburg unterschiedlich sind. „Für die Planung und den Bau des ersten Hauses hatten wir mit 17 Behörden zu tun. Das dauert.“ Über Kosten für einzelne Häuser in der geplanten Siedlung „Aqua Casa“ hält auch sie sich bedeckt. Immerhin, Kaufwillige können sich bei ATL in eine Liste eintragen lassen. Im fertigen Ferienhaus dürfen Neugierige schon mal Probeschlafen. 70 Euro kostet die Nacht für zwei Personen. Im September ist schon alles ausgebucht, aber im Oktober sind noch Plätze frei.

Sind alle rechtlichen Fragen geklärt, geht der Bau selbst schnell. „Vier Monate nach der Auftragserteilung ist ein einfaches Haus fertig“, sagt Jochen Stein vom „a 96“ Architekturbüro in Stuttgart, der die erste Wohninsel auf dem Partwitzer See entworfen hat. Auch das transparente zeltförmige Modulhaus „go-tic“ kann nach Angaben des Berliner Architekturbüros „eckedesign“ in wenigen Wochen errichtet werden. Bei beiden Varianten werden die Konstruktionen komplett vorgefertigt und vor Ort montiert. Jochen Stein nennt schließlich doch konkrete Zahlen. „Der Bau der Minimalvariante kostet etwa 130 000 bis 150 000 Euro, aber das sind nur die reinen Baukosten“, so der freie Architekt.

Zum Vergleich: Die schwimmende Tauchschule auf dem Gräbendorfer See bei Laasow kostete 240 000 Euro, ist jedoch großzügiger gestaltet und verfügt über einen Schulungsraum. Ein großer Vorteil gegenüber einem Wochenendhaus auf dem Land liegt – neben dem exklusiven Wohngefühl – jedenfalls auf der Hand: „Wir haben so konstruiert, dass man das Haus auf dem Wasser bewegen und bei Bedarf sogar abbauen und auf einem anderen See wieder aufbauen kann“, erklärt Stein.

Quelle: Sächsische Zeitung

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