Pressemitteilung vom 30. Juli 2010Planungsinstrument IBA auf dem PrüfstandIBA-Labor am 29. und 30. Juli zu Gast bei der Internationalen Bauausstellung (IBA) Fürst-Pückler-Land in Großräschen +++ Teilnehmer diskutierten Ergebnisse der aktuellen IBAs und Potenziale neuer Bauausstellungen +++ Positive Evaluation der Lausitzer IBA durch die Fachleute
Großräschen. Vor fast genau 100 Jahren fand auf der Darmstädter Mathildenhöhe das erste heute als "Bauausstellung" bezeichnete Großprojekt statt. Auf Initiative von Großherzog Ernst Ludwig wurde damals auf der Grundlage eines umfassenden und ganzheitlichen Entwurfs eine Künstlerkolonie errichtet. Seither gab es immer wieder modellhafte Vorhaben der Stadt- und Regionalplanung, die über einen längeren Zeitraum mit neuen Ideen und Projekten bauliche Impulse für zukünftige Entwicklungen setzten. Der Begriff Internationale Bauausstellung ist spätestens seit der zweiten Berliner IBA 1987 eingebürgert. Die IBA Fürst-Pückler-Land ist die erste, die sich nicht städtischen, sondern landschaftlichen Strukturen zuwendet. Im Abschlussjahr 2010 kann sie stolz die Ergebnisse ihrer Arbeit in der vom Braunkohletagebau geschundenen Lausitzer Landschaft präsentieren.
Der Begriff IBA jedoch ist nicht geschützt. Derzeit laufen in Deutschland drei IBAs, in der Lausitz, in Hamburg und in Sachsen-Anhalt. Weitere sind in Planung. Ist es sinnvoll, bei jedem größeren Bauvorhaben von einer IBA zu sprechen? Welche Qualitätsmaßstäbe sollten angelegt werden? Und wie können die parallel arbeitenden IBAs besser vernetzt werden?
Um den Erfahrungsaustausch zwischen bisherigen, derzeitigen und künftigen IBAs voranzutreiben und die Qualität des Markenzeichens IBA in Deutschland zu sichern, gibt es seit 2007 ein Netzwerk, das mit Hilfe verschiedener operativer Strukturen die Diskussion vorantreibt. In den letzten beiden Tagen hat man auf den IBA-Terrassen in Großräschen getagt. Fast 60 Fachleute, regionale Entscheidungsträger und Projektpartner der IBA Fürst-Pückler-Land diskutierten auf Grundlage des bereits 2009 beschlossenen IBA-Memorandums, das zehn Empfehlungen zur Durchführung einer Internationalen Bauausstellung gibt. Begrüßt wurden die Teilnehmer von Jan Mücke, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, dessen Haus die Veranstaltung unterstützte. Zunächst referierten die Vertreter der IBA Hamburg, der IBA Stadtumbau sowie der IBA Fürst-Pückler-Land den Stand und die Ergebnisse ihrer Arbeit. Die Präsentation der Lausitzer IBA wurde durch eine kleine Exkursion ergänzt, die in der aktuellen Ausstellung "Die Neueroberung einer Landschaft" begann und von dort in den aktiven Tagebau über das entstehende Lausitzer Seenland bis hin zu Monumenten hiesiger Industriekultur führte.
Am zweiten Tag wandte man sich dann geplanten neuen IBAs in Basel, Berlin und Heidelberg zu. Hochinteressant der Ansatz der bereits im Herbst 2010 beginnenden IBA Basel, wo es um einen trinationalen Raum zwischen der Schweiz, Deutschland und Frankreich gehen wird, grenzüberschreitende Planungen angedacht und administrative Probleme der Vernetzung über Ländergrenzen hinaus zu bewältigen sind. Für Diskussionsstoff sorgten naturgemäß die erst in der Anfangsphase befindlichen und daher noch nicht endgültig scharf umrissenen Pläne für das Tempelhofer Feld in Berlin und das "Wissen schafft Stadt"-Projekt in Heidelberg. Mit Spannung verfolgten die Vertreter der IBA Fürst-Pückler-Land die Ausführungen von Prof. Christa Reicher von der TU Dortmund, wo man im Auftrag des Bundesbauministeriums gemeinsam mit dem Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung an der Entwicklung eines IBA-Monitoring-Verfahrens arbeitet, das zukünftigen Projekten zur Selbstevaluation zur Verfügung stehen soll. Die Lausitzer IBA wurde im Rahmen einer Fallstudie genauer unter die Lupe genommen und hinsichtlich der Ziele und Ansprüche sowie ihrer Ergebnisse sehr wohlwollend bewertet.
In der abschließenden Debatte zu der provokanten Frage "Internationale Bauausstellungen - langfristig wirksame Impulse oder Strohfeuer?" gab Prof. Rolf Kuhn in Bezug auf die IBA Fürst-Pückler-Land klare Antworten. Konstitutives Arbeitsprinzip war hier, dass die einzelnen Projekte von Anfang an in wirtschaftlicher Eigenständigkeit funktionieren mussten. Darüber hinaus sind, durch das Vorbild der IBA inspiriert, mit den Zweckverbänden Lausitzer Seenland Brandenburg und Sachsen sowie der Energieregion Lausitz GmbH überkommunale Strukturen entstanden, in denen jeweils Einzelaspekte der IBA-Arbeit fortgesetzt werden. Stolz kann die IBA-Mannschaft darauf sein, dass Dr. Ulrich Hatzfeld vom Bundesminsiterium für Verkehr Bau und Stadtentwicklung in seinem Schlusswort davon sprach, dass die hiesige IBA ein respektables Kapitel in den Büchern von der Geschichte der IBAs geschrieben habe. Hatzfelds Fazit der zweitägigen Debatte: Das Planungsinstrument IBA folgt keinen starren Kriterien und ist gerade dadurch flexibel genug, um auch auf künftige krisenhafte Situationen in Stadt- und Landschaftsräumen angemessen zu reagieren.
Weitere Informationen zur Geschichte der IBAs in Deutschland unter:
www.iba-see2010.de/de/verstehen/ibameetsiba.html
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